Unser Fokus bei dieser Diskussionsreihe lag auf der individuellen Ebene und der Frage, inwiefern Partizipationsmöglichkeiten in Syrien in der Vergangenheit, dem Heute und der Zukunft möglich waren, noch sind und sein werden.
Auf drei Veranstaltungen verteilt haben wir uns der Bedeutung von Partizipation im syrischen Kontext angenähert und uns unter anderem mit folgenden Fragen beschäftigt:
Was bedeutet Partizipation eigentlich und wie hat sich die Verwendung des Begriffes über die Jahrhunderte hinweg erweitert und verändert?
Welche partizipatorischen Formen gab es vor dem Aufstand in Syrien?
Was bedeutet Partizipation in Zeiten des Krieges und wie haben sich die Partizipationsformen in Syrien im Laufe des Konflikts und durch die sich ausbreitende Gewalt verändert?
Welche Chancen haben die neu geschaffenen partizipatorischen Räume und wie können sie den Weg zum Frieden und einen Wiederaufbau der Gesellschaft unterstützen?
Eine spannende Entwicklung der Reihe war, dass der Partizipationsbegriff im Laufe der Veranstaltungen erweitert und über die klassische Bedeutung der „Teilhabe an etwas Bestehendem“ hinweg in Bezug auf „politische Beteiligung“ geöffnet wurde.
Die Veranstaltungen zeichneten sich durch einen produktiven Diskurs und einer angenehmen Diskussionskultur zwischen Syrer*innen untereinander genauso wie mit Interessierten aus der deutschen Gesellschaft aus, wodurch ein Dialog auf Augenhöhe möglich wurde. Weiter wurden die Veranstaltungen durch den Input unterschiedlicher Referent*innen bereichert, die mit unterschiedlichen Schwerpunktthemen wie „Zusammenhang zwischen Staatsform und Formen von Partizipation“ oder „Macht und Gewalt bei Hannah Arendt“ die Diskussionen wissenschaftlich untermauerten.
Veranstaltungssprachen: Arabisch und Deutsch
Teil I: 15/11/2014, 17:00 Uhr
Die Partizipation und ihre Formen in Syrien, vor 2011
Im ersten Veranstaltungsteil ging es um die Begriffsbestimmung von Partizipation und welche Formen es eigentlich „zu partizipieren“ gibt. Zwar lässt sich der Begriff grob der Politiktheorie zuordnen und ist von der Bedeutung her am ehesten mit Teilnahme oder Teilhabe zu übersetzen. Dennoch zeigte sich in der Diskussion, dass die Meinungen, was Partizipation bedeutet, weit auseinandergehen. Im Anschluss daran diskutierten wir Partizipation in der syrischen Gesellschaft vor dem Aufstand und in dem Zusammenhang partizipatorische Formen in autokratischen Regimen generell, in denen es an Möglichkeiten einer politischen Teilhabe mangelt.
Teil II: 06/12/2014, 17:00 Uhr
Die Partizipation und ihre Formen in Syrien, ein Rückblick auf die letzten drei Jahre
Der Begriff der Partizipation hat in Syrien durch den Aufstand neue Bedeutungen gewonnen. Partizipatorische Projekte, Gruppierungen, Proteste und Aktionen – politischer, ziviler und kultureller Art – sind Teil der syrischen Gesellschaft. Auf der Veranstaltung sind wir der Frage nachgegangen, welche partizipatorischen Räume sich seit Beginn des Aufstandes eröffnet haben und was die Bedingungen für das Überleben (Weiterexistieren) solcher Räume sind. Wie haben sich die Partizipationsmöglichkeiten durch die steigende Gewalt verändert und was bedeutet Partizipation in Zeiten des Krieges? Wie verändern sich nach dem Verlassen des eigenen Landes die Partizipationsmöglichkeiten? Wenn der aktive Versuch in Syrien zu bleiben und zu überleben ein bewusster Entscheidungsakt ist, zählt das „nicht im Stich lassen wollen“ dann zu Partizipation? Wie sieht Partizipation in Syrien aus, wenn so viele Menschen einen bewaffneten Weg eingeschlagen haben, und inwiefern fallen bewaffnete Handlungen unter Partizipation? Diese Themen sowie unterschiedliche Modelle partizipatorischer Arbeit diskutierten wir unter anderem auf der Grundlage von den Erfahrungen der Teilnehmer*innen.
Teil III: 21/02/2015, 17:00 Uhr
Heutige und zukünftige Möglichkeiten der Partizipation entlang der Gedanken Hannah Arendts über Macht und Gewalt.
Im letzten Teil der Veranstaltungsreihe über Partizipation wollten wir auf das Heute und Morgen in Syrien schauen. Wir wagten den Gedanken, welche Weichen heute mit Mitteln der Partizipation gestellt werden können, um das Gelingen eines Wiederaufbaus in Syrien zu unterstützen. Mit welchen Mitteln kann Partizipation und Teilhabe in einer kriegstraumatisierten Gesellschaft in Syrien geschaffen werden/möglich sein und wie können bereits existierende partizipative Räume in Transformationsprozessen bestehen und wachsen. Der Machtbegriff von Hannah Arendt, der jedem einzelnen Individuum in Zusammenschluss mit Anderen ein positives Machtpotenzial zuspricht, diente uns dabei als Grundlage für die Diskussion.
Die Diskussionsreihe fand im Rahmen von „Inverse Institution„ im Flutgraben e.V. statt.